Trump 2.0 und die Herausforderungen für Deutschland
Mit der Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten stehen Deutschland und Europa vor neuen Herausforderungen, vor allem in sicherheits- und wirtschaftspolitischer Hinsicht.
Die deutschen Parteien der politischen Mitte (CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne) und das Establishment sehen in Trump mit wenigen Ausnahmen ein Risiko für das globale transatlantische System. Experten sprechen offen aus, dass Trump deutschen Interessen schadet. Viele deutsche Politiker erinnern sich noch mit Schrecken an die erste Präsidentschaft Trumps.
Die Ära Biden bedeutete eine Annäherung in den bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA. Auch die euro-atlantischen Beziehungen haben sich in Bidens Amtszeit stabilisiert. Allerdings wuchs auch die sicherheitspolitische Abhängigkeit Deutschlands von den USA, nicht zuletzt durch den Krieg in der Ukraine. Es wäre im nationalen Interesse Deutschlands, wenn die deutsche Politik nun anders mit Trump umgehen würde. Die deutsche Politik und Diplomatie war traditionell dafür bekannt, sich auf alle Szenarien in den internationalen Beziehungen vorzubereiten. Bei der ersten Amtszeit Trumps 2016, aber auch beim plötzlichen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan 2021 haben deutsche Stellen jedoch regelrecht geschlafen.
Wenn die USA in Zukunft andere Prioritäten setzen, was wahrscheinlich ist, wird sich Deutschland zusammen mit seinen europäischen Partnern um seine eigene Verteidigung kümmern und auch die Hauptlast der Unterstützung der Ukraine von den USA übernehmen müssen. Und das in einer Zeit, in der die Deutschen der Unterstützung der Ukraine auch in Deutschland überdrüssig geworden sind. Der Wunsch, Deutschland und Europa sollten sich mehr um ihre eigene Sicherheit kümmern, ist freilich nicht neu. Trump hat diese Forderung während seiner Präsidentschaft von 2016 bis 2020 mehrfach wiederholt. Allerdings ist die Situation heute eine andere als vor Trumps erster Amtszeit. Die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffene Weltordnung befindet sich in einer Phase der Erneuerung. Deutschland und Europa sind heute noch verwundbarer als 2016, weil sie sicherheitspolitisch immer noch stark von den USA als Führungsmacht der NATO abhängig sind. Auch der Krieg im Nahen Osten könnte noch Folgen für die EU haben. Stichwort Migration und Flüchtlingsströme.
Die größte Herausforderung für Deutschland in der zweiten Amtszeit Trumps wird aber die Unberechenbarkeit des amerikanischen Präsidenten sein. Denn niemand kann mit Sicherheit sagen, welche Punkte von Trumps Agenda demnächst umgesetzt werden. Europa und Deutschland werden daher zunächst versuchen, die eigene Handlungsfähigkeit zu stärken, etwa durch eine Wiederbelebung der Beziehungen zur Türkiye. Die jüngste Annäherung zwischen Deutschland und der Türkiye und der Wunsch nach einer Wiederbelebung der strategischen Beziehungen, einschließlich der Regierungskonsultationen, können daher sowohl für die Türkiye als auch für Deutschland eine Reihe von Chancen eröffnen.
Die Fortsetzung der distanzierten Haltung der Trump-Administration gegenüber Deutschland könnte sich auch in einem anderen Punkt zeigen: Trump hatte in seiner ersten Amtszeit versucht, rechtsextreme Parteien und Gruppierungen in der EU zu stärken und so die europäischen Staaten gegeneinander auszuspielen. Sein ehemaliger Chefberater Steve Bannon („Anti-Soros“) spielte dabei die Hauptrolle und unternahm wichtige Schritte, um die globalisierungskritischen und rechten Kräfte in Europa zu vereinen. Trump macht auch keinen Hehl daraus, dass er für eine neue internationale Ordnung eintritt, in der das globale und transatlantische System reformiert wird.
Ein „Trump-Schock“ 2.0
Darüber hinaus könnte die Fortsetzung der protektionistischen Handelspolitik einer möglichen Trump-Administration zu neuen Spannungen in den Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und den USA führen. Die Androhung von Zöllen, insbesondere im Automobilsektor, könnte wieder aufleben und einen Handelskrieg zwischen den beiden Ländern anheizen. Zusätzliche US-Zölle gegenüber Europa würden sich negativ auf die deutsche Industrie auswirken. Laut dem Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) könnten neue Zölle die deutschen Autoexporte weltweit im schlimmsten Fall um 32 Prozent reduzieren. Zudem prognostiziert das gleiche Negativszenario, dass die deutsche Wirtschaft in den Jahren 2027 und 2028 um 1,5 Prozent schrumpfen würde. Trump hatte in einer Wahlkampfrede in den vergangenen Wochen angekündigt, internationale Unternehmen, insbesondere deutsche Automobilhersteller, mit Steueranreizen in die USA locken zu wollen. Allerdings knüpft Trump seine Aussage vor allem an die Bedingung, dass die Unternehmen in den USA produzieren und US-Amerikaner beschäftigen. Für Deutschland hieße das Fabrikschließungen und Arbeitslosigkeit. Das wäre ein weiterer schwerer Schlag für den ohnehin angeschlagenen deutschen Arbeits- und Automobilmarkt. Sowohl für die Produktion als auch für den Absatz und die Beschäftigung in Deutschland hätte eine solche Politik negative Folgen. Der Exportweltmeister würde noch tiefer in die Rezession getrieben.