In einem gemeinsamen Antrag hatten die Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen im November dieses Jahres die Bundesregierung aufgefordert, ein Verbot der sogenannten „Grauen Wölfe“ zu prüfen. Da die rechtlichen Hürden für ein Verbot jedoch zu hoch seien, sei ein Verbot der Bewegung derzeit nicht zu erwarten. In den Niederlanden sowie in Frankreich wurde die Ideologie bereits verboten. In Österreich gelten Symbole der Bewegung wie z.B. der „Wolfsgruß“ seit Februar dieses Jahres als verfassungsfeindlich und werden damit als Straftatbestand bewertet.
In dem fraktionsübergreifenden Prüfantrag wurden neben der „Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland“ (ADÜTDF) und dem „Verband der türkischen Kulturvereine in Europa“ (ATB) auch die „Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa“ (ATİB) zu den so genannten „Grauen Wölfen“ hinzugerechnet. Dagegen regte sich besonders bei ATİB Widerstand. Der Vorsitzende wies die Vorwürfe gegen seinen Verband entschieden zurück. In einer Stellungnahme stellte ATİB-Vorstandschef Durmuş Yıldırım klar, dass sich der 1987 gegründete Verein schon vor Jahrzehnten von der so genannten „Graue Wölfe-Bewegung“ losgesagt habe und seit seiner Gründung nicht nur für ein friedliches Zusammenleben stehe, sondern auch ganz entschieden die Werte des Grundgesetzes achte.
ATIB: „Wir stellen uns gegen jede Art von Rassismus, Diskriminierung und Terror“
Die ATİB, die in dem Antrag erwähnt wird und erstmals auch im diesjährigen Verfassungsschutzbericht auftaucht, bestreitet allerdings vehement, der Bewegung der „Grauen Wölfen“ anzugehören.
ATİB habe sich bereits sehr früh von Organisationen, die dem Spektrum der so genannten „Grauen Wölfe“ zugeordnet werden distanziert. Und zwar nicht nur ideologisch, sondern auch strukturell und organisatorisch. Verbandsvorsitzender Durmuş Yıldırım stellte in einer Erklärung heraus, dass ATİB in keinerlei Extremismus verwickelt sei.
Seit der Gründung der religiösen und kulturellen Vereinigung sei ATİB an keiner einzigen Gewalttat involviert gewesen und habe stets das Zusammenleben sowie die verfassungsmäßigen Werte in Deutschland verteidigt.
Der Vorsitzende sagte außerdem, dass der Verband die gegen ihn gerichteten Beschuldigungen im Antrag des Bundestages ablehne. „Wir werden gegen diese Verleumdungen, die wir auf keinen Fall akzeptieren und billigen, vorgehen.“ Darüber hinaus sagte Yıldırım, dass die ATİB nach wie vor bereit stehe, die Vorwürfe von einer unabhängigen, wissenschaftlichen Kommission untersuchen zu lassen: „Wir sind ein transparenter und offener Verband“, so Yıldırım. Gegen den Verbotsantrag werde der Dachverband die bereits angetretenen juristischen Schritte fortsetzen und sei zudem mit verschiedenen Wissenschaftlern in Kontakt.
Çelebi: „Loyalität gegenüber Deutschland“
Schon im September dieses Jahres hatte sich der Ehrenvorsitzende der ATİB, Musa Serdar Çelebi, in einem offenen Brief an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gewandt. Darin unterstrich der ehemalige Vorstandsvorsitzende die Heterogenität des Verbandes und wies auf die Integrationserfolge hin: „Auch Menschen verschiedener ethnischer Zugehörigkeit, u.a. kurdische Mitglieder, und unterschiedlicher politischer Anschauungen partizipieren friedlich an der Vereinsagenda. Mit Verbänden verschiedener religiöser Ausrichtung, wie z.B. den Alevitisch/Bektaschi, führt sie freundschaftliche Beziehungen, die in der Organisation gemeinsamer Veranstaltungen und/oder Ritualen Ausdruck findet und damit bestärkt wird.“
Aufgrund der ausdrücklich überparteiischen und gemäßigten Position des Verbandes, so Çelebi weiter, sei ATİB sowohl bei deutschen als auch nichtdeutschen Gesprächspartnern ein gern gesehener Kooperations- und Dialogverbündeter. „Deutschland ist nun Vaterland“, betonte Çelebi. Die Werte und religiösen Überzeugungen lehrten die Mitglieder der ATİB Loyalität gegenüber dem Staate, „welchen wir freiwillig aufsuchten und in dem wir in Frieden leben“.